Gedichte (178) – Hackfleisch mit Zwiebel sind in der Form zumeist Igel

Hackfleisch und Zwiebel sind in der Form zumeist Igel
eine Kühlschrank-Ballade

Hackfleisch mit Zwiebel,
Da war doch mal was
Mir ist als hätt ich gar
relevantes verpasst

Irgendwas wollt ich kochen
Schon vor ein paar Wochen
Doch das vergaß ich
Und kochte und aß nich‘

Hatt‘ das Fleisch schon erworben
Ganz und gar unverdorben
Es im Kühlschrank verstaut
Und nicht mehr geschaut

War nicht sehr penibel
Hackfleisch und Zwiebel
Wuchsen empor
Ich denke es fror

Und so zog es sich dann
Einen Pelzmantel an
Schön gepunktet weiß-blau
Ist es schon eine Schau

Ich nehm’s mit der Zange
Statt dass ich’s selber anlange
Der Geruch ganz schön übel
Aber ab in den Kübel?

Wär ja auch schade drum
Deshalb die Atmung auf stumm
Und die Nase verschließen
Ganz schnell panieren, in die Pfanne Öl gießen

Dann schön in feinstem Fette baden
Ach guck, da sind auch noch zwei Maden
Schön ausführlich wird’s gebraten
Da sollt‘ man ruhig was länger warten

Jetzt auf den Teller ab damit
Das hält jeden Magen fit
Schön viel Ketchup muss noch sein
Und der Hunger treibt’s dann rein.

Gedichte (177) – Nie wieder Liebeskummer

Nie wieder Liebeskummer

Ich will nie wieder Liebeskummer spüren
Will mein Leben an deiner Seite führen
Will immer immer mehr mit dir erleben
Wir suchen und finden, wir nehmen, wir geben

Niemals wieder bin ich frisch verliebt
Und auch wenn das ein ganz klein wenig seltsam ist
Weiß ich, dass es nichts schöneres gibt
Als mit einem Mensch zu sein, den man tagaus tagein vermisst

Mit dem man alt und grau und faltig werden will
Kennt voneinander jeden Blick, jede Miene
Irgendwann zittern die Hände, stehen gar nicht mehr still
Braucht ständig Hilfe von Mensch oder Maschine

Ich weiß nicht, welchen Beruf ich in 20 Jahren habe
Vielleicht steh ich noch auf Bühnen, vielleicht bin ich lang schon still
Weiß nicht, was ich tue bis zur Rentenvergabe
Doch ich weiß, neben wem ich Tag für Tag erwachen will

Gedichte (176) – Mein Wintergedicht

Mein Wintergedicht

Im Fernseher ein Ofenbild
Das Feuer brennt darin
Ein Anblick der nicht sehr erfüllt
Ein Anblick ohne Sinn

Draußen fällt Schnee
Soweit ich da seh
Nur weiße Schwaden
Die die Außenwelt baden

Die Musik spielt in Moll
Das Essen macht mollig
Nachtisch ist toll
Und ich frage mich: Soll ich?

Oder verzichten
Das Stück zu vernichten
Hab schon bis jetzt
Genug Speck angesetzt
Um den Winter davon zu zehren
Keine Not das auch noch zu mehren

Doch was nützt mir der Sixpack
Wenn mir dabei nix schmeckt
Und die Portionen
Nur die Waage entlohnen

Also nicht weiter zaudern
Vor Kalorienziffern schaudern
Rein mit dem Stollen und der Schokolade
So viele Plätzchen, dass ich darin bade

Drehe ich später halt noch ein paar Runden
Ein Winterspaziergang, so sechs bis acht Stunden
Rede ich leise in mich hinein
Und schlaf wohl gesättigt
Vor dem Fernseher ein.

Gedichte (175) – Dessert

Dessert

Es war mir nicht bewusst
Der Kuchen war benusst
Das Gefühl nicht grad erhebend
Der Genuss war ausschlaggebend

Statt dass die Brust vor Stolz mir schwellt
Sie schnell in sich zusammenfällt
Die letzte Luft geschwind vergeht
Auf dem Grabe, ja da steht
Mit dem Meissel angebracht:

Na hätt er mal Diät gemacht

Gedichte (174) – Backe backe Kuchen 2.0

Backe backe Kuchen 2.0

Backe backe Kuchen
Oma kommt besuchen
Wer will ganz schnell Kuchen machen
Der muss haben sieben Sachen:

Jede Feier
braucht Milch und Eier
Für ein Rührgerät
Ist es nie zu spät
Nen Ofen auch
So ist’s Brauch
Ne Kuchenform
Nach der Norm
Eine Schüssel ohne Sprung
Und ne Backmischung

Alles schön zusammenkloppen
Geschmacklich nur noch schwer zu toppen
Schieb, schieb in den Ofen rein
Noch kurz warten, das wird fein

Gedichte (172) – Die rechte Ecke

Die rechte Ecke

Sie rufen wieder und sie schreiben
Wer da kommt, der darf nicht bleiben
Sie zündeln in Wort und Tat
Gegen Verstand, Flüchtling und Staat

All das passiert nicht irgendwo
Es passiert hier
Und ich schäme mich so

Schäme mich, dass ich nichts unternehme
Schäme mich, dass es solche Leute gibt
Denen ihr furchtbares Denken
Heutzutage nicht mehr genügt

Und sie rufen auf zu Taten
und sie rufen auf zu Gewalt
Wollen nicht schweigen, nicht denken und warten
Sie kommen in jeder Gestalt
Als Nachbar, als Freund, als irgendwer
Reden und reden und denken nicht mehr
Sie kommen in jung und in alt

All das passiert nicht irgendwo
Es passiert hier
Und ich schäme mich so

Nie zuvor in meinem Leben
Hätte ich das je gedacht
Es würd hier sowas wieder geben
Hätt abgewunken und gelacht

Fremdenhass, in solchen Maßen
In deutschen Städten, deutschen Straßen
Das gibt‘s hier nicht in diesen Tagen
Wie von einem anderen Stern
Selbst Rostock-Lichtenhagen
Schien immer viele Jahre fern

Jetzt seh ich die Bilder und lese die Worte
Seh die Dummheit marschieren durch allerlei Orte

Sie kommen in jeder Gestalt
Als Nachbar, als Freund, als irgendwer
Sie kommen in jung und in alt
Und reden und reden und denken nicht mehr

Drum schweigt nicht, wenn das Gerede ertönt
Auch wenn es Momente nicht gerade verschönt
Redet dagegen, redet bestimmt
Damit Rechte nicht denken, dass sie rechtens sind

Redet dagegen, jedoch mit Niveau:
Ich sehe das nicht so
Ich sehe das nicht so
Ich sehe das nicht so

Egal wer da spricht, ob Jacke, ob Zwirn
Lasst sie nicht reden, in all ihrer Wut
Vielleicht findet manch einer dann wieder sein Hirn
Oder den Anstand, schon das wäre gut

Gedichte (171) – Liebe ist

Liebe ist

Liebe ist wie ein Posaunist in C-Dur
Liebe ist wie eine CD von Pur

Liebe ist wie ein Veilchen am Wegesrand
Oder am Auge weil man jemand im Wege stand

Liebe ist wie ein Honigkuchenpferd
Liebe ist wie die Hitze am Herd

Liebe ist wie ein Buchrücken
Wie draußen im Sommer Frühstücken

Liebe ist wie vier Kilo Federn
Liebe ist wie Jonglieren auf Rädern

Liebe ist wie ein Obstsalat
Liebe ist wie eine Regionalexpressfahrt

Liebe ist wie ein Tierversuch
Liebe ist wie ein sehr gutes Buch

Liebe ist manchmal toll, manchmal Mist
Doch Liebe ist eins – und wird es auch bleiben:

Schwer zu beschreiben.

Gedichte (146) – Größer werden

Guten Tag,

seitdem mein aktueller Gedichtband „BABYPOesie“ fertig ist, schreibe ich erstaunlicherweise nicht mehr so oft Texte über meinen Sohn, aber ab und an kommt es dann doch vor. So eben auch für den letzten Dichtungsring.

Ich wünsche euch viel Vergnügen damit,

Arno

Größer werden

Er reift heran, der junge Mann
Kommt an manches nun schon dran
Von dem ich dacht‘ es wär gesichert
Papa guckt blöd, Söhnchen kichert

Die DVDs fehlen im Regal
Das Mehl, das ist im Flur verteilt
Und drin gewälzt liegt Mamas Schal
Der junge Mann hat sich beeilt

Das Klopapier ist abgerollt
Der Geschirrspüler spült leer
Papa grinst nur ungewollt
Und richtet’s alles wieder her

Gedichte (145) – Wunschdenken

Wunschdenken

Ich wünsche mir ein Land
Mit Politik, die wortgewandt
Klipp und klar die Meinung sagt
Wenn wer zu einem Thema fragt

Deutlich, möglichst unverschwurbelt
Inhalt, der den Geist ankurbelt
Bisher bleibt der Wunsch unerfüllt
Jede Rede ist umhüllt

Von geistesleeren Phrasenblasen
Verbal erzeugtem Vakuum
Mit Wolkenschlössern drum herum

Ich wünsch mir, dass sie wer zersticht
Und frag mich – warum mach ich’s nicht?

Gedichte (142)


Stubenkoller

 
 
Ich sitze hier und kann nicht anders
Ich sitze hier und kann nicht raus
Im Fernseher quatscht Lilo Wanders
Und ich schalte ihn nicht aus
 
Ich genese temporeich
Einer müden Schnecke gleich
Halt‘ mich fern von jedem Tresen
Alle Bücher sind gelesen
Alle Filme sind gesehen
Nicht mal den Rasen darf ich mähen
Muss mich schonen und verdrießen
Kann höchstens mal Blumen gießen
 
Ein so gar nicht wundervoller
Schwer nerviger Stubenkoller
Hat von mir Besitz ergriffen
Und ungekämmt und ungeschliffen
Sitze ich hier doof zuhaus‘
Und kann und darf leider nicht raus
 
Das Fernsehen kaum zu ertragen
Essen schlägt mir auf den Magen
Gesellschaft stärkt des Kopfes Schmerzen
Mir steht die Laune nicht nach Scherzen
 
Und so heißt es weiter warten
Bis die Abwehrkräfte starten
Die Viren sind schwer totzukriegen
Doch wird mein Körper sicher siegen
Inzwischen soll mein Geist verstummen
Lass vom Fernsehen mich verdummen
Vielleicht gelingt’s mir währenddessen
Den Stubenkoller zu vergessen