Rezension: Simon & Jan – Halleluja!

Simon & Jan, Foto: Michael J. Rüttger

Sie schreiben seit Jahren großartige Lieder, sind quasi unentwegt auf Tour, treten immer wieder im Fernsehen auf und haben bereits sowohl den Prix Pantheon, den deutschen Kleinkunstpreis als auch den bayerischen Kabarettpreis gewonnen. Es gibt also quasi keinen Grund, Simon & Jan nicht zu kennen. Nachdem sie schon eine Weile mit dem Programm ‚Halleluja!‘ auf Tour sind, kommt jetzt endlich auch die dazu passende CD, damit der geneigte Hörer daheim weiterlauschen kann. Die live aufgenommenen 19 Songs bestechen dabei sowohl textlich als auch musikalisch durch beeindruckende Vielfalt, samt versiertem Gitarrenspiel, Chören und Beatbox. Hin und wieder sind kurze witzige Ansagen dazwischen, das Publikum klingt zurecht begeistert.

Simon Eickhoff und Jan Traphan besingen viele Themen, von Ernst bis grobem Unfug, aber immer unterhaltsam. Songs darüber, wie der Mensch in Erziehung, Geschichte und Politik belogen wird, über Kunst und was nun wirklich keine Kunst mehr ist („Das kann weg“), dicht gefolgt vom ultimativen Song über Partnersuche („Eierleckende Wolmilchsau“). Zwischen kleinem Unfug bringen sie den Hörer immer wieder zum Nachdenken und Lachen. Eine Lebensweisheit wie „Das Leben ist ein Ponyhof, leider find ich Ponys doof“ bleibt dabei flankiert von Rhythmus- und Stimmungswechseln genauso in Erinnerung wie die Geschichten von Micha, dessen sehr schwieriges Verhältnis zu Tieren in „Tierische Weltgeschichte“ erzählt wird. „Emos kitzeln“ ist gleichermaßen musikalischer Sommerhit wie eine Ansammlung schöner Arten Spaß zu haben. Dass Simon & Jan ein Faible für Coversongs haben beweisen sie einmal mehr auf diesem Album, wo sie sowohl zweimal Deichkind mit hoher Publikumsbeteiligung als auch Leonard Cohen mit dem zum CD-Titel passenden Song würdig covern. Sie besingen die Absurdität der Welt und werfen kritische Blicke auf unsere Zeit („Weil ich kann“) und wehren sich in „Leck mich“ gegen die ständigen Verpflichtungen, blöde Aussagen und Panikmache. Dabei zeigen sie auch noch eindringlich, wie großartig man eine Loopstation einsetzen kann, man mag kaum glauben, dass der Song von nur zwei Leuten gespielt wird.

Bei den beiden scheint Helene Fischer einen Nerv irgendeiner Art getroffen zu haben, sie kommt in insgesamt immerhin drei Stücken auf die eine oder andere Art vor. Mit „Herzilein“, dem Blick zur Schlagerwelt und „Ach Mensch“, dem Blick zu Mensch und Religion, sind zwei Songs des letzten Albums auf der Live-CD enthalten. Speziell letzterer klingt beeindruckend druckvoll und hinterlässt Nachdenklichkeit. Das Album wird von „Sauf mit mir“ beschlossen, eine Hymne an einen gemeinsamen Abend von Jan und seinem Bier, der den Hörer gutgelaunt entlässt.

Insgesamt eine CD, die viele unterschiedliche Themen sehr gelungen anspricht und immer wieder herzhaft zum Lachen bringt. Sehr zu empfehlen.

Homepage: simonundjan.com
Band und Album bei Bandcamp: simonundjan.bandcamp.com

 

Rezension: Lautstärke ist weiblich

Hallo zusammen,

ich durfte für Slammin‘ Poetry die Anthologie „Lautstärke ist weiblich“ mit Texten von Slam-Poetinnen rezensieren. Ich kann sie sehr empfehlen. Es sind unglaublich viele verschiedene Texte darin, was sehr angenehm und spannend zu lesen war, nur das Zusammenfassen für die Rezension war durch diese Vielfalt eine Herausforderung.

Eines meiner Lieblingszitate ist dabei das Folgende:

„Der Versuch, alle Facebook-Status-Update zu lesen, ist
Wie einen Wasserhahn leer zu trinken“
Mona Harry

Die Rezension findet ihr unter: http://www.slammin-poetry.de/magazin/releases-clara-nielsen-nora-gomringer-hrsg-lautst-rke-ist-weiblich

Viele Grüße
Arno

Poetry Slam Adlershof

Hallo zusammen,

hinter dem folgenden Bild

http://meinhardt-medien.de/7-poetry-slam-adlershof-mit-felix-roemer-am-30-november/

findet ihr eine Zusammenfassung des Slams in Adlershof im November. Es war insgesamt das dritte Mal, dass ich in Adlershof dabei war und es macht jedes Mal wieder Spaß. Es moderiert der von mir hochgeschätzte Felix Römer und ich durfte zum wiederholten Male mit Wolf Hogekamp und zum ersten Mal mit Fee, Aron Boks und Vux auftreten. War ein schöner Abend.

Viele Grüße und euch eine schöne Adventszeit

Arno

Texte von Gestern – Podcast

Hallo zusammen,

heute ist ein Podcast erschienen, der auch drei alte Tiergedichte von mir enthält. Die Aufzeichnung entstammt einer Veranstaltung am 22.10. im Monarch über die ich mich aus diversen Gründen sehr gefreut habe.

  • Der Podcast wird unter anderem von Johanna Steiner organisiert, deren Arbeit als Regisseurin von Hörspielen ich sehr großartig finde.
  • Die Veranstaltung und der Podcast entstammen der Lauscherlounge, dem Label von Oliver Rohrbeck, der bei den drei Fragezeichen Justus spricht. Da freue ich mich als langjähriger drei Fragezeichen – Fan natürlich sehr.
  • Das Ganze fand im Monarch statt, wo ich 2009 meinen allerersten Poetry Slam gesehen habe (unter anderem mit Sebastian 23, Lars Ruppel und Renato Kaiser – großartiger Abend) und ich durfte endlich mal da auftreten.
  • Die Stimmung an dem Abend im ausverkauftem Monarch war der Hammer und die Moderation sehr freundlich und herzlich.

Wenn ihr Lust habt, Ausschnitte aus den Texten zu hören, die an dem Abend vorgetragen wurden, findet ihr den Podcast unter:

http://podcast-texte-von-gestern.lauscherlounge.de/2-01-er-hat-ein-handy-kotz

Ich freue mich sehr, dass meine drei Texte es in den Podcast geschafft haben.

Habt eine schöne Restwoche!

Viele Grüße
Arno

Gedichte (196) – Ich wäre gern ein Teenager

Ich wäre gern ein Teenager

Ich würd so gern Teenager sein
Nicht im Anfangsstadium
Die Haut nicht sauber oder rein
Der Mund vor Stimmbruchsorgen stumm

Gemeint ist die Teeniefraktion
Mit Erwachsenenattitüde
Etwas vorgereift nun schon
So weise und im Ton gern rüde

Man lernt danach vom Leben mehr
Wird irgendwie erwachsener
Und weiß dann auch vor allen Dingen
Mit welchen Sorgen die so ringen

Die Sicherheit schwindet dem Wissen
Um die vielen Möglichkeiten
Es schrumpft manch inneres Ruhekissen
Ob Steuern, Kosten, Arbeitszeiten

Entscheidungen werden getroffen
Den Weg such ich mir heute selber aus
Das er begehbar ist bleibt dabei nur zu hoffen
Etwas lerne ich ganz zweifelsohne draus

Ich schlug mir aus dem Kopf so manche Faxen
Die Jugensünden sind vergessen und verziehen
So gerne wär ich irgendwann mal so erwachsen
Wie ich mir damals mit sechzehn schien.

Gedichte (195) – Ein Bösewicht-Gedicht

Ein Bösewicht-Gedicht

Igor war ein Bösewicht
Nur zufrieden war er nicht
Haderte mit seinem Job
Den Arbeitszeiten – na und ob!
Vandalismus, Räuberei
Erpressung oder Prügelei
Selbst das Werfen eines Steins
Böses tun – das war nicht seins
Nicht alleine, nicht im Team
Sein alter Vater sprach zu ihm:
Bösewichte hat es eben
In unseren Ahnen stets gegeben
Dein Papa, Onkel, Opa – schlicht
Jeder war ein Bösewicht
Doch das reichte Igor nicht

Das Argument verblasste schnell
Ihm fehlte intellektuell
Ein Grund für seine Profession
Klar, profitabel war es schon
Doch glücklich würde er nicht werden
Als Bösewicht auf dieser Erden
Grund sein, solch grausamen Leids
Hatte für ihn keinen Reiz

Er wollte nicht töten
Nur in der Sonne erröten
Niemals je in Herzen stechen
Dafür lieber auf Kuchenblechen
Wollte niemanden entführen
Lieber Hefeteig verrühren
Keine Gelder mehr waschen
Lieber backen und naschen

Und so besann Igor sich
Sprach: ‚Ich mache das nicht‘
Rief es heraus, stoppte das Morden
Und so ist ohne Graus
aus ihm ein Liebewicht geworden

Ein Bäcker, lieb, freundlich und weise
Das einzig‘ böse bei ihm sind die saftigen Preise

Gedichte (194) – In Fliegendingen

In Fliegendingen

Eine alte und höchst philosophische Fliege
Speiste am Abend beim Hundehaufen
Sie fragte sich: „Wie wird mein Ende verlaufen?“
Neben ihr eine andere aus der Fliegenriege

Die philosophische Fliege gebot
Der anderen innezuhalten und fragte
Als ihre innere Stärke verzagte
„Gibt es ein Leben nach dem Kot?“

Die andere hatte den Rüssel voll Dreck
Gestört im leckersten Abendmahl
Sie blickte nicht auf, flog nur kopfschüttelnd weg
Nicht interessiert am eigenen Verfall
Suchte zum essen nen anderen Fleck
Besseres als DEN Kot fand sie überall

Gedichte (193) – der schleichende Verfall

Der schleichende Verfall

Der Verfall kommt angeschlichen
Gewaltig faltig, die Jugend verblichen
Der Anblick stellt mir doch die Frage:
Warum schleicht er dieser Tage?
Hat er etwas zu verbergen?
Bringt er mit sich fiese Schergen?
Hat den Fall ja schon im Namen
Wird er tief und voller Dramen?

Versuchen wir uns zu besinnen
Wollen positives abgewinnen:

Etwas mehr Falten im Gesicht
Schaden mir vermutlich nicht
Und die lachfaltige Sorte
Verziert sogar manch glatte Orte

Lässt die Sehkraft dann bald nach
Sieht man auch das Ungemach
Anderer Falten nur unscharf und matt
Dadurch wirkt es wieder glatt

Dass ich jetzt kaum noch Bier vertrag
Macht günstiger manch Feiertag
Was da alles an Geld gespart
Wird fürs Alter aufbewahrt

Die Rückenschmerzen, Zipperlein
sind für meinen Arzt sehr fein
Von irgendwas muss der auch leben
So ist das wenn man altert eben

Wenn man ehrlich ist – Verfall
Gibt es schließlich überall
Das Kolosseum freute heute ohne
Einsturz niemanden die Bohne
Und wäre das Türmchen in Pisa nicht schief
Gäb es da keinen Touristentarif

Und falls dieser Text euch so gar nicht erfreut
Tut so als schwinde eure Hörfähigkeit

Gedichte (192) – Der traurigste Superheld der Welt

Der traurigste Superheld der Welt

Jochen ist ein Superheld
Und doch ist er sehr traurig
Er ist sehr stark und hat viel Geld
Von Paderborn bis Aurich

Keiner ist so stark wie er
Und er kann auch noch fliegen
Ist Stahl auch noch so dick und schwer
Er kann ihn verbiegen

Doch Jochen schläft viel, tut nur wenig
Lässt Hilferufe oft verhallen
Mancher wünscht ihn gar zum König
Er will nicht mal die Fäuste ballen

Er kommt kaum noch aus dem Bett
Hat keine Freude mehr am Job
An Ehrung oder Staatsbankett
Gibt’s dafür Gründe? Na, und ob!

Weit und breit gibt’s keine Schurken
Niemand kann sich mit ihm messen
Nix wie im Film, alles nur Gurken
Die ihn nicht die Bohne stressen

Ob Mafioso, Taschendieb
Wen er will, den fängt er gleich
Macht sie platt mit einem Hieb
Nicht gerade spannungsreich

Was soll er sich die Mühe machen?
Er kann ja doch nur Fliegen fangen
Ein paar Mal leicht heroisch lachen
Während sie in den Knast gelangen

Es ist doch alles purer Hohn
Sein dummes Dasein hier auf Erden
Länger grübelt er jetzt schon
Ein Superschurke selbst zu werden

Gedichte (191) – Pfauenfeindlichkeit

Pfauenfeindlichkeit

Hans-Peter ist fast schon ein Greis
Schuftet im Zoo wie jeder weiß
Als Tierpfleger so Tag für Tag
Ob’s regnet, ob die Sonne scheint
Wo er fast alle Tiere mag
Jedoch, er ist ein Pfauenfeind

Schön den Kopfschmuck auf dem Haupt
Diese elend eitlen Viecher
Das hübsche Kleidchen abgestaubt
Und immer schön weit hoch – der Riecher

Hans-Peter kann sie gar nicht leiden
Schon seit langem gibt’s da Streit
Und dass sie ihn auch tunlichst meiden
Das weiß er seit geraumer Zeit

Charakterschweine, selbstgerecht
Sind die Viecher außerdem
Von allertiefstem Herzen schlecht
Wer sowas sagt braucht sich nicht schäm‘

Gucken auch oft gar so finster
Wissen nicht wie gut sie’s haben
Als täte er ins Futter Ginster
Oder Exkrement vom Raben

Dabei ist alles bester Fraß
Sind halt einfach dumm im Herzen
Kein Pfau hier je was schlechtes aß
Sein Hass bringt ihm fast physisch Schmerzen

Er hat sich schon beim Chef beschwert
Die Pfauen zurück auf den Herd
Wo die nur auf ihr äußeres achten
Würd‘ er dann nach der Kruste trachten

Doch da er nie was böses tut
Lässt man Hans-Peter einfach reden
Seinen Job, den macht er gut
Ein Makel ziert ja schließlich jeden

Hans-Peter ist im Kopfe eben
Von etwas Irrsinn stets umgeben
Er gibt dem Nilpferd einen Kuss
Macht für heute langsam Schluss
Zieht die Tierpfleger-Jacke aus
Und hüpft schief singend dann nach Haus